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Kapital für die Energiewende

Sind Stadtwerke für Finanzinvestoren attraktiv?

Die kommunalen Spitzenverbände und Thinktanks in Deutschland haben in den letzten Jahren in verschiedenen Studien beeindruckende Zahlen vorgelegt, welche Investitionen sie für erforderlich halten, um die Klimaziele bis 2030/2045 zu erreichen. Laut Fortschrittsmonitor Energiewende 2024 von BDEW und EY müssen 721 Mrd. EUR bis 2030 für Energie- und Wärmeerzeugung, Netze und Speicher investiert werden.

Ein nicht unwesentlicher Teil dieser Summe wird von Stadtwerken zu leisten sein. Die Investitionsaufgabe wird dabei viele Unternehmen finanziell überfordern, denn sie liegt um das 4-6fache über den durchschnittlichen Investitionsvolumina der vergangenen Jahre. Die übliche Kreditfinanzierung ist für solche Investitionspfade kein geeignetes Mittel. Vielmehr sind alternative Finanzinstrumente zu nutzen und vor allem die Eigenkapitalausstattung der Unternehmen zu verbessern. Als mögliche Kapitalgeber werden zunehmend Finanzinvestoren ins Spiel gebracht, insbesondere solche, die längerfristig investieren und die eher kontinuierliche Ausschüttung erwarten als kurzfristige Unternehmenswertsteigerungen.

Kommunalwirtschaft und Finanzinvestoren sind zunächst – und das haben die letzten Jahrzehnte gezeigt – keine natürlichen Partner. Die Transformation unserer Energieerzeugungsstrukturen läuft nun schon einige Jahre, aber Partnerschaften zwischen diesen Playern haben sich nur in überschaubarem Umfang ergeben, z.B. bei EE-Anlagen. Anteilsübernahmen von Investoren gab es z.B. bei der MVV. Dies mag an potenziellen Zielkonflikten zwischen beiden liegen. Von daher ist aktuell nicht davon auszugehen, dass wir in den nächsten Jahren viele Direktinvestments von Finanzinvestoren in Stadtwerke sehen werden. Mehrheitlich kommunale Unternehmen sind kein typisches Anlageobjekt für die professionelle Finanzindustrie. Die Regeln, nach denen diese Unternehmen spielen, sind spezifisch. Langfristige Gestaltungszielen oder politisch errungene Kompromisse prägen kommunalwirtschaftliches Handeln. Zudem sind viele Stadtwerke einfach zu klein, um für Finanzinvestoren, die im kommunalen Umfeld mit einer Minderheitsbeteiligung zufrieden sein müssen, interessant zu sein.

Die Kommunalwirtschaft kann hingegen für klar abgrenzbare Investitionsprojekte Finanzierungspartner finden. Und mittlerweile zeigen sich immer mehr Akteure am Markt, die Kommunen und Stadtwerken diese Angebote z.B. für Wind- und PV-Anlagen, Quartiersprojekte oder den Glasfaserausbau machen. In diese partnerschaftlichen Modelle, in die Investoren idR neben Geld auch umfangreiches fachliches Knowhow mitbringen, inkludiert ist oftmals die Option für das Stadtwerk, verschiedene Leistung selbst zu erbringen. Hierdurch wird das Geschäftsmodell der Stadtwerke weiterentwickelt und die lokale Wertschöpfung gesteigert. Ob sich die Kooperationen zwischen Stadtwerk und Finanzierungspartner als tragfähig erweisen, liegt z.B. an gewählten gesellschaftsrechtlichen Vereinbarungen und v.a. den Renditeanforderungen der Partner. 

Größere Gruppen von Finanzinvestoren werden Appetit auf die Energieversorgungswirtschaft bekommen, wenn Fondstrukturen geschaffen werden. Diese sind in zwei Richtungen denkbar. Die erste Variante wäre durch die Finanzwirtschaft getrieben. Sie würde einen Fond für Stadtwerke-/Energiewendetransformation konzipieren, auflegen und bei Investoren platzieren. Die Fondmittel würden dann in die Unternehmens- und Projektbeteiligungen fließen mit Anlagehorizonten von 10 Jahren, ggf. länger. Danach müsste dem Investor eine „Exit-Option“ möglich sein. Wie attraktive diese Fonds für Investoren strukturiert werden können und gleichzeitig eine Antwort auf die Kleinteiligkeit unserer lokalen Energieversorgungsstrukturen ergeben, bleibt dabei abzuwarten.

Deswegen könnten alternativ die Energiewirtschaft selbst Fondstrukturen entwickeln, indem sie regional oder themenspezifisch Aktivitäten stärker bündelt, professionalisiert und für das Investment von professionellen Investoren attraktiv machen. Dies wäre ein konsequentes Weiterdenken dessen, was die Energiewirtschaft schon seit Jahren in verschiedensten Kooperationsgesellschaften oder Regionalwerken unternimmt. Regionalwerke oder Stadtwerkenetzwerke würde ihre Plattformangebote damit weiter stärken und regionale Kooperationsangebote an kleine und mittlere Stadtwerke ausbauen können. 

Für weitere Informationen sprechen Sie gerne Frau Elke Beermann an.