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Das deutsche Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG)

Ein zahnloser Tiger?

Quelle: pixabay.com

 

Einführung

Im Zuge der Globalisierung verlagern immer mehr Unternehmen Teile ihrer Produktionsschritte in weit entfernte Staaten, insbesondere in Schwellen- und Entwicklungsländer. Dadurch versprechen sich Unternehmen Kostenvorteile durch niedrigere Löhne und Produktionsstandards. Auch deutsche Unternehmen sind in dieser Hinsicht keine Ausnahme. Doch hinter den vermeintlich wirtschaftlichen Vorteilen verbergen sich bedenkliche Schattenseiten globaler Lieferketten. In Textilfabriken in Bangladesch oder im Kobaltabbau im Kongo werden nicht selten unmenschliche Arbeitsbedingungen, Kinder- und Zwangsarbeit sowie mangelnde Arbeitssicherheit festgestellt. Somit besteht ein dringender Handlungsbedarf, um Menschenrechte und Umweltstandards in globalen Lieferketten effektiv zu stärken.

Überblick

Das deutsche Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz ist am 1. Januar 2023 in Kraft getreten. Durch das LkSG werden „in Deutschland ansässige Unternehmen ab einer bestimmten Größe verpflichtet, ihrer Verantwortung in der Lieferkette in Bezug auf die Achtung international anerkannter Menschenrechte durch die Implementierung der Kernelemente der menschenrechtlichen Sorgfaltspflichten besser nachzukommen". Ziel des Gesetzes ist es dabei, die Beachtung menschenrechtlicher und umweltbezogener Standards entlang der gesamten globalen Lieferkette sicherzustellen.

Anwendungsbereich

Das Gesetz findet Anwendung auf Unternehmen, die ihre Hauptverwaltung, ihre Hauptniederlassung, ihren Verwaltungssitz oder ihren satzungsmäßigen Sitz im Inland haben und in der Regel mindestens 1.000 Arbeitnehmer im Inland beschäftigen. Darüber hinaus findet das deutsche LkSG Anwendung auf Unternehmen, die eine Zweigniederlassung gemäß § 13 d HGB im Inland haben und in der Regel mindestens 1.000 Arbeitnehmer im Inland beschäftigen.

Reichweite der Sorgfaltspflichten

Unternehmen, die dem deutschen LkSG unterliegen, sind dazu verpflichtet, entlang ihrer „Lieferketten“, die im Gesetz verankerten, menschenrechtlichen und umweltbezogenen Sorgfaltspflichten in angemessener Weise zu beachten. Der Begriff der Lieferkette bezieht sich zwar auf alle Produkte und Dienstleistungen eines Unternehmens, ihre konkrete Umsetzung ist jedoch auf den eigenen Geschäftsbereich und auf unmittelbare Zulieferer beschränkt. Die Sorgfaltspflichten (§ 4 ff.) müssen nur dann auf mittelbare Lieferanten ausgeweitet werden, wenn einem Unternehmen tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen, die eine Verletzung einer menschenrechtsbezogenen oder einer umweltbezogenen Pflicht bei mittelbaren Zulieferern möglich erscheinen lassen. Problematisch ist allerdings, dass ein großer Teil der Menschenrechte bereits am Beginn der Lieferkette verletzt werden. So steht die Arbeit in Textilfabriken in Bangladesch oder im Kobaltabbau im Kongo, bei der Menschenrechte auf gravierender Art und Weise verletzt werden, meist am Beginn einer langen und komplexen Lieferkette. Somit werden Menschenrechtsverletzungen häufiger bei mittelbaren Lieferbetrieben von in Deutschland ansässigen Unternehmen vorzufinden sein, welche jedoch nicht den Sorgfaltspflichten unterliegen. Damit sind die Sorgen, dass die Menschenrechtsverletzungen am Beginn der Lieferkette künftig wohl oft übersehen und damit nicht geahndet werden, berechtigt. 

Ausgestaltung der Sorgfaltspflichten

Das LkSG begründet keine Erfolgs-, sondern lediglich Bemühungspflichten. Demnach schulden Unternehmen keinen Erfolg und keine Garantie dafür, dass in ihren Lieferketten keine menschenrechtlichen oder umweltbezogenen Pflichten verletzt werden. Erst recht schulden Unternehmen keine Verbesserung der menschenrechtlichen oder umweltbezogenen Lage. Unternehmen müssen vielmehr nachweisen können, dass sie die in den § 4 ff. LkSG näher beschriebenen Sorgfaltspflichten in angemessener Weise umgesetzt haben. Soweit Unternehmen den Sorgfaltspflichten des LkSG in angemessener und wirksamer Weise nachkommen, begründet die Verletzung einer menschenrechtsbezogenen oder einer umweltbezogenen Pflicht daher nicht die Verletzung der Sorgfaltspflichten aus dem deutschen LkSG. Folglich sind die Sorgfaltspflichten zwar umfangreich, letztendlich jedoch nur in angemessener Weise umzusetzen. Mithin ist das LkSG hinsichtlich der Umsetzung der Sorgfaltspflichten zwar eine Herausforderung für Unternehmen, allerdings keine, die zu weitgehend oder gar unverhältnismäßig hoch ist.

Fazit

Letztendlich stellt das Gesetz – in fast jeder Hinsicht – einen Kompromiss dar. Unternehmen stehen zwar vor Herausforderungen, allerdings sind die Vorschriften keineswegs zu weitgehend. Vielmehr benötigt es im Laufe der Zeit weitaus strengere Regelungen, um die Achtung von Menschenrechten und der Umwelt wirksam zu schützen. Ein schärferes und vielversprechendes Regelungswerk stellt der europäische Richtlinienvorschlag zu einer nachhaltigeren Unternehmensführung (Entwurf der Corporate Sustainability Due Diligence Directive) dar. Eine europäische Regelung ist zu begrüßen, damit ein einheitliches europäisches Verständnis von nachhaltiger Unternehmensführung geschaffen wird und Wettbewerbsnachteile vermieden werden.

 

Für weitere Informationen sprechen Sie gerne Frau Fellek Khlil an.